Worte – Kramis

Das Diffuse ist im Rückzug begriffen, die Bilder sind klarer …

Das Diffuse ist im Rückzug begriffen, die Bilder sind klarer geworden. Eine ernste Poesie geht davon aus, eine begründete Stille. Peter Mösch vertraut vermehrt seiner Intuition, lässt Dinge stehen. Sein Ziel bleibt die Reduktion, minimal art im Sinn eines Weges der Konzentration auf das Wesentliche. Er fertigt nicht mehr wie früher Skizzen, die Umsetzung vom Kleinen ins Grosse wäre für ihn Flachmalerei.
Nach wie vor mag er Linien, horizontale vor allem. Aus den Bilderflächen werden auch dadurch Bildräume. Raster, Gewichtungen entstehen darin. Nass in Nass werden schnell Knitter zu Strichen am richtigen Ort, ähnlich wie die gegebenen der Wellpappe. Sie sind stimmiger noch als die bewusster gesetzten Kreide- und Pinselstriche in Weiss und Schwarz, die spröden Kratzspuren.
Auch die Farben sind zurückgenommener. Weiss in zahlreichen Abstufungen bis hin zum Sandbeige, Blau-Grau-Töne: Erde, Luft und Zwischenräume. Die Farbigkeit ist enthalten, schimmert aus den zahlreichen Bildschichten.
Peter Mösch arbeitet in Serien. Die Bildidee ist nach einem Bild nicht ausgeschöpft, fliesst in zahlreiche weitere Bilder ein. Repetition als erneutes Suchen, Streben nach dem Wesentlichen. Stoppelfelder, Felder von abgemähten Halmresten als rhythmische Rasterstrukturen beschäftigen ihn typischerweise. Klang, Licht und Natur sind da fragmentarisch festgehalten, musikalisch gegliedert. Es ist ein Einfangen und Loslassen zugleich, denn jedes Bild ist offen, könnte ein anderes werden.
Viele der grossen Leinwände, quadratische oder hochformatige, sind in Felder eingeteilt, häufig drei. Es entsteht so etwas Geometrisches, auch im wortursprünglichen Sinn: Beziehungen zwischen Linien, Flächen und Körpern einerseits, Vermessen der Erde anderseits.
Es sind Landschaften oft, die wenigen Titel weisen darauf hin: terreno secco, terreno gelato. Ausschnitte aus Feldern, trockenen und feuchten Äckern, brachliegenden und hartgefrorenen aus seiner ländlichen Umgebung im Dreiländereck oder der Toskana.
Es sind dies jedoch nicht blosse Reproduktionen einer Realität, Abbilder einer vorstellbaren Landschaft, sondern Artefakte, die auch Innenlandschaften ihres Urhebers spiegeln. Sie sind uns gleichzeitig fremd und vertraut. Ein angeschnittenes Trapez wird Höhle, Haus, Heimat.
Peter Mösch ist stets auf der Suche nach Ausschnitten, Ausschnitten von Ausschnitten, «bis nichts mehr ist», oder eben, bis er dem Wesen der Dinge, ihrer eigentlichen Natur auf der Spur ist.
Eine distanziert analysierende Haltung ist vor diesen Material-Bildern schwer möglich, denn nicht nur unser Tastsinn ist stimuliert; wir nehmen uns selbst mehr wahr. Wellpappe, Sand, Leim, Plane, Gewebe eines ehemaligen Sonnenschirmes: verräumlichte Malerei.
Peter Mösch ist ein verkappter Plastiker, giesst etwa ein Stück Feld mehrfach in Araldit, färbt es ein, verfremdend grell in Grün und Gelb. Häckselt Mais vom Feld, klebt ihn in gereihten Rastern auf Leinwand: wieder(ge)holte Formen seines Alltags.
Die Bilder von Peter Mösch vermitteln Ein- und Ausblicke in Felder der Natur und der Zeit, fangen Spuren des Lichtes und der Erde ein. Wechsel und Wandlungen sind geschehen oder stehen bevor. Es sind stille Bilder.
Eva Kramis, Oktober 1998