Worte – Schaer

Ja, ich bin’s. Was machst du? Holz holen, anfeuern – …

Ja, ich bin’s. Was machst du?
Holz holen, anfeuern – wie immer um diese Zeit.
Übrigens, ich habe deine neuen Bilder gesehen. Mir scheint, du hast wieder einen Schritt nach vorne gemacht: weniger Verschachtelungen, mehr Spannung…
Der Arbeitsprozess hat sich grundsätzlich geändert. Früher fertigte ich unzählige Skizzen an, bevor ich ein Bild in Angriff nahm. Die neuen Bilder hingegen sind während des Malens entstanden. Entscheidend ist, welche Materialien mir zwischen die Finger geraten. Ich versuche dabei, den Verstand gleichsam auszuschalten und intuitiv zu arbeiten.
Aus dem Bauch heraus.
Ja, ich glaube, dass ich beim Malen der neuen Bilder weniger überlegt habe als früher, auch habe ich versucht, möglichst alles zu vereinfachen. Und eben: eine gezielte Auswahl der Werkstoffe.
… die Zeitungsausschnitte, der Einsatz von Textilfragmenten?
Ich halte andauernd Ausschau nach Materialien, die ich für meine Zwecke verwenden kann. Hier muss ich bemerken, dass sich die Schweiz dazu überhaupt nicht eignet. Man findet keine Altpapierresten, keinen sogenannten Zivilisationsabfall, ja nicht einmal einen rostigen Nagel, denn alles ist aufgeräumt.
Aufgeräumt und geordnet. Gefällt es dir eigentlich, undefinierbar und unfassbar zu sein? Bricht da deine sprichwörtliche Eigenwilligkeit durch?
Es ist auffallend, dass fast alle, die sich über meine Arbeit äussern, Schwierigkeiten haben, mich auf Anhieb irgendwo einzuordnen. Das gefällt  mir schon. Aber da steckt kein Konzept dahinter. Ich male die Bilder, die mir entsprechen. Ich könnte keine anderen Bilder machen.
Irgendjemand hat einmal behauptet, du seist eine Art tiefgefrorener Action Painter oder ein Informeller, der vergessen hat, die Handbremse zu lösen. Nun hast du sie offensichtlich gelöst?
Auf jeden Fall – in den letzten zwei Jahren. Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob du malst, um einen Frust loszuwerden oder ob du dich von diesen Voraussetzungen befreien kannst. Dies ist mir sicherlich in den zwei letzten Jahren gelungen.
Schön. Und das Geheimnis deiner Bilder?
Darüber weiss ich selber nichts. Ich höre immer wieder, dass sich beim Betrachten allmählich etwas  Geheimnisvolles entwickelt und dass die Bilder stärker werden, wenn man mit ihnen lebt.
Tadellos!
Also, ich muss jetzt an die Arbeit.

 

 Telefongespräch zwischen Peter Mösch und Alain Schaer (7. Februar 1995)